»Flaniermeilen der bildenden Kunst« (24.09.08)

Nicht nur Offenbacher waren bei den Kunstansichten unterwegs

Offenbach (dk). Ein nettes Wochenende war es in der oberen Etage des Hinterhofes in der Bleichstraße 14 H. Dort ist man eh Qualität statt Quantität gewohnt. Und so verwunderte es auch nicht, dass insbeson­dere am Sonntag eben die Qualität durch die Ateliers tröpfelte. Und es tröpfelte schließlich auch von oben. „Jetzt können wir eigentlich zumachen,” so der Kommentar im Projekt Bleichstraße 14 H während des Segens von oben. Ist aber nicht passiert. Gottlob. Denn je später der Abend, desto – wie auch immer. Während der Himmel geweint hat, haben wir uns gefreut über den Besuch von Roland Zehetmaier. Nach ihm wurde mehrfach gefragt. Wo denn seine Holzskulpturen seien, die er bei einer der vorangegangnen Kunstansichten im kleinen Proberaum ausgestellt hatte. Das war schön. Und wir werden alles dran setzen, ihn wieder als Aussteller bei den nächsten Kunstansichten in die Bleichstraße zu locken.

Statt der dreidimensionalen Skulpturen haben sich die Ateliers aufs Eindimen­sio­nale beschränkt. Gemälde und Fotografien. Multisequenzen im Atelier für fotografische Gestaltung von Hans Jürgen Herrmann gleich neben dem Eingang. Blüten, Blätter, Fruchtstände von Pflanzen. Fotografiert und gewandelt zu einem neuen Ganzen, mosaik­artig zusammengefügt, wodurch sich neue assoziative Gedankenräume eröffneten. Oder neue Dimensionen dort, wo die Spuren der multisequentiellen Bearbeitung unsichtbar geworden waren. Dass im Atelier für fotografische Gestaltung viel über die Entstehung der ausgestellten Arbeiten diskutiert und gesprochen wurde, versteht sich von selbst. Schließlich war der Urheber und Fotokünstler höchstselbst anwesend und konnte mit seinen Auskünften so weit gehen, wie es ihm sein Berufsgeheimnis erlaubte.

Durch das Theateratelier, vorbei an Carl Maria von Heddernheim, ging es dann ins Atelier von Andreas Masche, der vorwiegend Arbeiten der Teilnehmer seiner Workshops präsentierte. Fantasien, Landschaften, Fiktionen, Träume, Albträume. Denn Masche bietet in seinen Kursen dem Inneren der Teilnehmer eine Ausdrucksform mit Pinsel und Farbe. Lediglich eine Wand hat Andreas für sich beansprucht. Und dort bleibt das Auge an einem fast monochromen Werk in schwarz und weiß hängen: Einem Abbild des Inneren der ehemaligen Frankfurter Großmarkthalle.

„Das war ein Erlebnis,” sagt Andreas zur Entstehung des Bildes. Alleine in dem riesigen Raum, ihn aufnehmend und reproduzierend. Was nicht zu sehen ist, das sind die Geräusche. „Ich habe dann die Geräusche mit einem Diktiergerät aufgezeichnet,” sagt er. Das Laufen der Tauben auf dem Dach, das Nahen des Sicherheitsbeamten, der seine Runden dreht, die Sirenen der Polizeiautos, die bei der Annäherung anschwellen, dann wieder abschwellen, ebenso die Geräusche der Züge, die an der nahen Bahnlinie ihren Weg nehmen. Eine Geräuschkulisse, die Andreas Masche den künftigen Ausstellung seiner malerischen Konservierung der Großmarkthalle als akustische Ergänzung zufügen möchte.

Zehn Prozent mehr Besucher als im vergangenen Jahr weist die Strichliste von Hans Jürgen für Samstag aus. Immerhin. Doch zufrieden waren die Ateliers in der Bleichstraße allemal. Zeit für die Gäste, intensiver Gespräche, oft fachlicher Austausch, für den auch genug Muße da war. So solls sein.

Die Kunstansichten sind vorüber, und im Theateratelier wird seit Montag wieder gearbeitet. Regisseur Stefan Wiemers nimmt die Geschichte von Chrissy und Maria unter die Lupe. Ein Weihnachtsstück für Kinder, das Ulrike Happel und Sabine Scholz vom Bleichstraßenensemble inszenieren werden. Bereits am 19. November ist Premiere, acht weitere Aufführungen sind bis 17. Dezember geplant. Zur Einstimmung auf Weihnachten. Da vergeht ja die Zeit nicht wirklich schnell, wie insbesondere die Kinder wissen. Und genau um diese Zeit, die manchmal rast, und manchmal nicht vergehen will, geht es in dem von Sabine Scholz geschriebenen Stück. Zumindest am Anfang. Aber seht doch selber, was daraus wird, und dass es auch für Chrissy und Maria nicht so ganz einfach ist, sich harmonisch auf das Fest vorzubereiten. Am 1. und 2. Oktober indes stehen noch einmal Ziggy und Doodle auf der Bühne mit „Ich und Du.” Auch dazu herzliche Einladung an alle jungen – und jung gebliebenen – Zuschauer, für die Ulrike und Sabine ein Stück über Freundschaft, Angst, Mut, Streiten und Vertragen auf die Bühne gebracht haben.

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