»Wenn ein Handtuch zur Taube wird « (7.03.2008)

Kindertheatertage im Theateratelier als Ausflug in die Welt der Fantasie

Offenbach (dk/uh). Dass man mit wenigen Mitteln viel erreichen kann, zeigten „Die Stromer” aus Darmstadt zum Auftakt der Kindertheatertage mit Ihrem ,Wäschestück’ „Der Waschlappendieb”. Victorius (Thomas Best), ein ausgesprochener Wäschefanatiker und Waschlappensammler, hat ein wirklich grosses Problem: Immer wieder verschwindet Wäsche von seiner Leine. „Wer klaut da,” fragt er sich. Und während er sich auf Diebesjagd macht, trippelt ihm die quirlige Maus Lizzy (Birgit Nonn), auf der Suche nach einem gemütlichen Zuhause und guten Freunden, über den Weg. Sie bietet ihm Hilfe an. Der verzweifelte Victorius und die pfiffige Lizzy sind so lebendig verkörpert, dass sie sich schnell die Herzen und das Mitfühlen der Kinder erspielt haben, die ihnen aufgeregt ihre Lösungsvorschläge zurufen. Zu guter letzt ertappt Victorius Lizzy beim Wäscheknabbern („Mäuse brauchen scharfe Zähne”), aber dank der begeistert mitwirkenden Kinder werden beide zu guten Freunden.

Der Junge Berimodo möchte groß werden. Damit er Jäger werden kann. Aber das dauert, denn Wachsen braucht seine Zeit. Und die stört, wenn man sich klein fühlt und warten muss. Ein heißes Thema für die hundert Kinder im Saal, die die Sorgen von Berimodo aus dem tiefsten Inneren heraus zu teilen scheinen. Und so nehmen sie den Spielern des Figurenensembles vom Frankfurter Theaterhaus ab, dass weisse, gebündelte Papierstreifen der Wind sind, mit dem Berimodo über das Vergehen der Zeit spricht. Auch die Taschenlampe mit dem pulsierenden Lichtkegel, die die Zeit höchstpersönlich verkörpert, wird von den gebannten jungen Zuschauern „gekauft.” Fraglos. Ebenso wie der wilde Wald, der eigentlich nur aus ein paar aufgehängten Bambusstämmen besteht, und dennoch Geheimnisse wie den gefährlichen Panther birgt, den Berimodo herausfordern muss.

Einen Tag später werden Löffel zu jammernden Schnecken, Küchenhand-tücher verwandeln sich in geschwätzige Tauben und ein spitzes Küchensieb aus Metall gibt die fiese Ratte. Die Zuschauer gehen mit, haben nicht den geringsten Zweifel daran, dass die Utensilien in der Küche von Chefkoch Stefan Wiemers vom Freiburger Cargo Theater tatsächlich zum Leben erwachen und den Lauf der Geschichte um Tranquilla Tramepltreu, der beharrlichen Schildkröte, mit bestimmen.

Das Theater „Die Stromer”, das „Theaterhaus Figurenensemble”, und das „Cargo Theater” bestritten in diesem Jahr auf hervorragende Weise die Kinderthea­tertage des Theaterateliers im Projekt Bleichstraße 14 H. Drei ausverkaufte Veranstaltungen und leuchtende Kinderau­gen gab es nach jeder Vorstellung, wobei leider wegen des Warnstreiks im öffentlichen Dienst und dem Ausfall einiger Linienbusse am Donnerstag einige Plätze leer bleiben mussten.

Dank der ganz engen Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Offenbach konnte die schon traditionelle Reihe auch in diesem Jahr wieder stattfinden. Wenn auch in leicht eingeschränktem Umfang. Doch die große Nachfrage hat wieder einmal den Bedarf an gutem Theater aufgezeigt. Und viele derer, die an den drei Kindertheatertagen im Theateratelier saßen, haben in ihrer noch sehr kurzen Lebenszeit wahrscheinlich schon wesentlich häufiger auf Theaterbänken gesessen, als mancher Erwachsene. Dank der Kitas, die unsere Angebote immer wieder gerne wahrnehmen. Und wenn am Ende der Aufführung die Schauspieler noch da bleiben, mit den Kindern ins Gespräch kommen, ihre Figuren mit den jungen Besuchern kommunizieren lassen, dann ist das das i – Tüpfelchen auf den immer außergewöhnlichen Theateratelier – Erlebnissen, die die Kinder mit nach Hause nehmen können. Die Vorfreude aufs Wiederkommen inclusive. Trotz des Erfolges der Kindertheatertage – die Reihe ist alles andere als gesichert und in jedem Jahr wieder neu abhängig von Unterstützern und Sponsoren, die diese Investition in die Köpfe, Herzen und Seelen unserer Kinder auf eine finanziell machbare Basis stellen. Vielen Dank daher an dieser Stelle an alle bisherigen, derzeitigen und zukünftigen Geldgeber, mit deren Zuschüssen es möglich ist, der nächsten Generation aufzuzeigen, dass es auch eine Wirklichkeit abseits von Game Boy und Bildschirm gibt.

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